Wenzel R. Zidek: Im Herzen immer Tscheche geblieben...
Rubrika: Publicistika – Historie
Wenzel R. Zidek: Sportler und Künstler |
Aus dem Buch von Jan Antonin Krystek „Schicksale/Osudy“ Als mich Herr Krystek, der Autor von „Schicksale“ und anderen zwei Büchern, welche den Schicksalen von Emigranten und Exulanten gewidmet waren, mit der Bitte um meinen Lebenslauf als Beitrag für sein Buch angesprochen hat, habe ich eine Weile gezögert. Aber dann habe ich mich doch entschlossen über etwas zu schreiben, was mit ein wenig guten Willen als Zeugnis dafür sein sollte, dass nicht jeder von uns gezwungen ist in seinem Leben etwas außergewöhnliches und großartiges zu vollbringen, um das Gefühl der Zufriedenheit mit sich selbst und seinem Leben zu erreichen. Als ich das Licht der Welt erblickt habe, waren es nur einige Wochen vor dem Ende des zweiten Weltkrieges. Zufällig wurde an dem Tag – wohl einige Jahre früher – auch der große tschechische Philosoph und Denker Jan Amos Komensky/Komenius geboren. Als Platz, an dem ich auf die Welt kommen sollte, wurde mir durch eine höhere Macht die Geburtsstation des Krankenhauses in Prag-Vinohrady „U Apolinare“ zugewiesen. Heute ist der Ort eher als eine Ausnüchterungsstation für Betrunkene bekannt und weniger als das Tor in das Leben von Neugeborenen. Hier wurde ich geboren und mein Weinen hat sich mit dem Geschrei und Gezeter der Betrunkenen im Nebengebäude vermischt. Als kleiner Winzling von vier und ein halb Kilo konnte ich nicht ahnen, dass meine Zukunft durch ein schlechtes Herkunftsprofil beeinträchtigt wird, obwohl meine Mutter „ausgebeutete“ Verkäuferin bei der Firma Fejfar-Mladek und mein Vater Kunstfotograf – Polygraf waren. Die einzigen, die mein Herkunftsprofil negativ beeinflussen konnten, waren mein Großvater und mein Taufpate Richard Geisselreither vom Arbeiterstadtteil Zizkov. Es hat nichts geholfen dass mein Großvater nur ein armer Hausierer mit Knöpfen und Reißverschlüssen war. Ohne Pardon hat man ihn in die Kategorie von verurteilungswürdigen Gewerbetreibenden eingegliedert. Und so haben wir ihn später aus Berechnung in allen Fragebögen eine Weile verleugnet. Hoffentlich wird unser Großvater es uns heute nicht mehr nachtragen. Obwohl meine Eltern gut und ordentlich waren und ich dadurch die besten Voraussetzungen für meine Entwicklung zum wertvollen Bürger der sozialistischen Gesellschaft hatte, habe ich dies nicht gewürdigt und tat so ziemlich alles, um meine Zukunftschancen zu verschlechtern. Wenn uns im Jahr 1953 unverhofft und für immer unser großer Befreier Josif Vissarionovich Stalin verlassen hat, haben einige meiner Mitschülerinnen und Lehrerinnen von Weinen gerötete Augen. Und ich – dummes und naives Kind – habe mich heimlich gefreut und ungeduldig auf die erwartete Änderungen in den nächsten Tagen gewartet. Vielleicht ist es verwunderlich, dass ich mich schon als kleines Kind mit Politik befasst habe. Möglicherweise wurde es durch die Tatsache verursacht, dass in meiner Klasse einige Kinder aus „reaktionären“ Familien stammten, meine Eltern auch kein Blatt vor den Mund genommen und vor uns zu Hause über alles diskutiert haben. Heute kann ich nur sagen, dass es damals ziemlich mutig und auch unvernünftig war, aber wir hatten Glück es ohne Schaden zu überleben. Meinen jugendlichen Leichtsinn habe ich auf vielerlei Weise bewiesen, unter anderem auch dadurch, dass ich ausdauernd das schöne rote Halstuch der Pioniere abgewiesen habe, von dem andere Kinder geträumt haben. Und das hat unter anderem dazu geführt, dass ich nicht zum Studium an der Gewerbeschule für Grafik in der Hellichstraße zugelassen wurde, obwohl ich Talent und die Beziehungen hierzu hatte. Meinen Charakter und mein negatives Verhältnis zu allem sozialistischen hat auch die „freiwillige“ Kollektivierung der Landwirtschaft geformt, deren Zeuge ich bei den Besuchen meiner geliebten Tante Julia im Grenzgebiet bei Broumov war. Sie wurde als „Kulak“ und als Feind des volksdemokratischen Staates abgestempelt. In Rozmital bei Broumov habe ich meine Ferien verbracht, und trotz der Zeit, in der wir gelebt haben waren es sehr schöne Zeiten, an die ich mich gerne erinnere. Die Zeit meiner Ferien wurde durch eine schöne Freundschaft mit dem Maler Vaclav Safar gefüllt, einem Menschen mit dem Sinn für Romantik. Er war ein in Broumov bekannter Künstler und Schöngeist. Die Zeiten, die ich mit ihm beim Malen in der freien Natur verbracht habe waren unvergesslich. Mit seiner Bescheidenheit und seinem schrägen Humor hat er mir sehr imponiert. Er war auch der Eigentümer eines riesigen Cadillacs. Seine kleine, mollige Gestallt ohne Schuhe, in ärmlicher Kleidung und mit unzertrennlichem Strohhut auf dem Kopf bildete einen imposanten Kontrast zu diesen amerikanischen Schlitten. Damals habe die Kommunisten gesungen „Wir werden den Wind und den Regen beherrschen....“, ich habe nicht begriffen, wohin der Wind weht und habe unverhohlen mit den „Kulak“ sympathisiert und mich darüber gefreut, dass mindestens einige es geschafft haben den Kommunisten für einige Zeit die Stirn zu bieten. Die „hoffnungsvollen“ 50. Jahre haben mir noch eine weitere Erinnerung hinterlassen. Mein Vater und meine Mutter sind auf Tuberkulose erkrankt und unsere Familie musste mit der niedrigsten Invalidenrente auskommen. Ich wurde zum „Sozialfall“ und abhängig vom Kleinsteinkommen meiner Eltern und der Hilfe von anderen. Ich kann mich erinnern, dass mir die Armut nichts ausgemacht hat und dass es auch andere Kinder nicht als eine Erniedrigung gesehen haben. Ich habe es als Selbstverständlichkeit aufgefasst, mit der ich – mindestens für diesen Augenblick- zu leben habe. Es könnte sein, dass es wie aus der Proletarier-Literatur von Marie Majerova oder Zapotocky klingt, aber es war so. Wir hatten wenig Geld und so gab es Fleisch nur manchmal am Sonntag, unsere Kleidung bekamen wir gespendet und vom richtigen Spielzeug konnten wir nur träumen. Unsere Nachbarinnen haben mich ihren ewig unzufriedenen Kindern als Beispiel der Bescheidenheit gezeigt: „Schau mal, der kleine Vasek Zidek braucht überhaupt nichts und kann auch mit Wasser spielen!“ Die Zeit meiner Kindheit, in dem sich glückliche und bittere Augenblicke gewechselt haben hat mir auch einiges Positive gebracht. Ich habe die Bescheidenheit gelernt und konnte mich über jede Kleinigkeit freuen. Entscheidend war aber, dass ich gelernt habe das Gute zu würdigen und dem Bösen aus dem Weg zu gehen. Am Ende der 50.Jahre, zur Zeit der Regierung des Rüpels Antonin Novotny wurde ich nach einer kurzfristigen Unaufmerksamkeit der Staatsicherheit und des Blockwarts als Gärtnerlehrling in die Dienste der Prager Burg aufgenommen. Und so habe ich mich drei Jahre lang in der unmittelbaren Nähe Seiner Hoheit Antonin II aufgehalten. Er war mit der schwierigen Aufgabe des Regierens und den vielen Sorgen um sein Land so beschäftigt, dass er keine Zeit hatte seine ihm am nähersten stehenden Untertanen wahrzunehmen, geschweige mit ihnen einige Worte zu wechseln. Und so haben sich die älteren Diener sehr gerne an seinen Vorgänger erinnert, den Akkordeonspieler Anton, der so menschlich und volksnah war, dass er sogar in die Vorburg zu seinen Untertanen gekommen ist, um mit ihnen zu trinken und auf dem Akkordeon zu spielen. Einige Jahre später, nachdem ich meine Pubertät überstanden habe und die verführerische Eva Pilarova mit ihrer schönen Stimme „Oh, du himmlische Liebe“ gesungen hat, konnte ich es nicht mehr aushalten und habe mich auf den Weg nach Warschau begeben, um mir dort eine Frau zu suchen. In der polnischen Hauptstadt habe ich dann das Mädchen meines Herzen, die verführerische Elzbieta kennengelernt. Und die habe ich schnell, schon nach drei Monaten geheiratet, um zu verhindern, dass sie sich das vielleicht anders überlegen konnte. Bei der Auswahl hatte ich viel Glück. Ela wurde meine Partnerin für das ganze Leben und eine vorbildliche Mutter für unsere zwei Söhne. Ich bin kritisch – nicht nur zu anderen, aber auch zu mir – und so gebe ich meine Bewunderung zu ihr kund, dass sie es mit mir so lange ausgehalten hat. Ich war nie und bin bis heute nicht ein einfaches, für ruhiges, bürgerliches Leben bestimmtes Wesen. Sehr oft in unserem Leben habe ich ihr meine ausgefallenen Ideen als eine beschlossene Tatsache präsentiert und weiß nicht, ob ich sie ohne ihre Hilfe vervollständigen konnte. ************** Der rote Schein über Kladno ist langsam erloschen, der balsamierte Präsident Gottwald wurde im Mausoleum in Zizkov bewundert und in Kreml blitzte und donnerte es. Langsam näherte sich der Prager Frühling 1968 und mit ihm wurde stärker die Hoffnung auf demokratischere Bedingungen, auf angenehmeres Leben ohne Furcht und Angst. Unser erstgeborener Sohn Thomas war gerade drei Monate alt und wir alle haben gehofft, dass seine Zukunft besser und sein Leben erträglicher wird. Unsere Hoffnungen haben nicht lange gewährt – sie waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Waldemar hat es gerade geschafft sein Lied „Ja, die Kirschen reifen“ zu Ende zu singen und schon kam der Sommer und der 21. August. Brüderchen hat an die Tür der Republik angeklopft - und wir alle haben den Kurzen gezogen. Es kam die Zeit der Lieder von Karel Kryl, die vor allem uns, den Jungen den erforderlichen psychischen Halt gegeben haben. Tausende Tschechen sind in das “feindliche, kapitalistische Ausland“ ausgewandert, die meisten davon befreit von allen bisherigen Illusionen. Das Ende des Schicksalsjahrs 1968 hat für uns entgegen unseren Erwartungen keine positiven Veränderungen gebracht – in Gegenteil – die Daumenschrauben der aufkommenden Normalisierung wurden zunehmend angezogen und haben uns auch die Reste der bisherigen Freiheit genommen. Auch wir haben ernsthaft überlegt das Weite zu suchen, aber unser neun Monate alter Sohn hat es uns „ausgeredet“. Wir hatten Angst um ihn. Auch unsere Furcht vor einer ungewissen Zukunft war zu groß. Nachdem es mir nicht gelang, hinter dem eisernem Vorhang jemanden zu finden, der uns für den Anfang eine erste Hilfe gewährte, haben wir auf unsere innere Stimme gehört - die auf unsere Verantwortung als Eltern appelliert hat - und sind zu Hause mit der Hoffnung auf bessere Zeiten sitzen geblieben. Der Prozess der Normalisierung ist aufgegangen - wie der Teig für tschechische Knödel. Aber trotzdem bildete und organisierte sich eine neue Opposition. Der Rest der Bevölkerung hat sich in der Privatsphäre ihrer Häuser eingeschlossen und auf die gegebene Lage mit Resignation reagiert. Nur die Eigentümer von Ferienhäusern und Wanderer haben sich in der Natur und in den Wäldern freier als die anderen fühlen können. Es war die einzige Möglichkeit dem eingeführten grauen Kolorit der Bolschewiken zu entkommen. Ich habe mich gehorsam in die zweite Gruppe eingefügt, für die erste hatte ich wohl nicht genug Mut. Vielleicht war ich feige, aber vor allem hat bei mir der natürliche Instinkt des Schutzes der Familie gewirkt. In dieser Zeit waren wir schon zu viert, denn im ersten Jahr des 7. Jahrzehnt wurde der zweite Sohn Michael geboren. Und so habe ich, wie erwähnt, egoistisch die zweite Alternative der „inneren Emigration“ gewählt. Um die Monotonie der Tage aufzufüllen und etwas für meinen Körper zu tun habe ich angefangen zu schwimmen. Der Grund dafür war auch meine miserable Gesundheit und Probleme mit den Lendenwirbeln, aber vor allem mein früheres Interesse an dieser Sportart. Der Doktor hat mir empfohlen möglichst oft und viel zu schwimmen. Nur das konnte mich auf die Dauer nicht motivieren und inspirieren, obwohl ich schon seit meiner Jugend eine ausdauernde Planscherei im Wasser sehr geliebt habe. Ich weiß es nicht mehr genau wie es war, aber bald habe ich mich in die Reihen derer eingefügt, welche man – wohl mit etwas Glück – in der Natur, in den Stauseen oder Flüssen sehen kann, wie sie mit den Armen in manchmal warmen, aber meistens kalten bis eiskalten Gewässern sinnlos um sich schlagen. Sie schwimmen allein (beim Training) oder in Gruppen (beim Wettbewerb) in der Mitte eines Flusses, eines Sees oder mindestens eines Weihers. Sie sind nur mit sich beschäftigt und auf die Uhr sehen sie erst dann, nachdem sie ihr Ziel erreicht haben. Das Langstreckenschwimmen ist in Tschechien tief verwurzelt. Einer der ersten, der damit angefangen hat, war der legendäre Alfred Nikodem, vom Beruf Prager Goldschmied. Sein Nachfolger war sein Schüler, der Nestor des tschechischen Eisschwimmers Oldrich Liska aus Prag. Er wurde dann in den siebziger Jahren mein Trainer und ein Lehrer des sportlichen Abhärtens. Viele Jahre war er mein Berater, obwohl er sich sehr oft über meine extravaganten sportlichen Leistungen wundern musste. Ich habe ihn wieder in Sachen Organisation beraten. Oldrich hatte eigentlich zwei Berater. Der zweite war mein langjähriger Freund Vladimir Kulicek, der dann in die Abteilung gekommen ist, nachdem A. Nikodem das Zepter der Eisschwimmer an Liska weitergegeben hat. Seit dem hat er – Kulicek - alle Jahrgänge des Memorials von Alfred Nikodem im Lokalrundfunk am Prager Nationaltheater bis zum Ende des Jahrtausends kommentiert, also insgesamt 53 Jahre! *************** Gleich im ersten Jahr meiner Mitgliedschaft in der Prager Abteilung der Eisschwimmer habe ich zwischen den tschechoslowakischen Sportlern am Start des Marathons Vrane-Praha gestanden. Nach Beendigung der zwölf Kilometer langen Strecke, die ich zu meiner Überraschung als Dritter absolvierte, musste ich zu meiner großen Überraschung feststellen, dass ich im Wasser nicht nur plantschen, sondern auch ganz gut schwimmen kann. Vier Monate später fuhr ich mit meiner Frau und meinem Sohn nach Warschau, wo ich fast die Hälfte der Einwohner verrückt gemacht habe. Es ist mir gelungen am Neujahrstag 1972 tausende Polen - noch nicht ausgeschlafen und nach der Silvesternacht verkatert - aus ihren Betten zu holen, um mittags an der Poniatowski-Brücke drei Verrückte – einen Tschechen und zwei Polen – zu beobachten, wie sie zum ersten Mal in der polnischen Geschichte im Winter die Wisla schwimmend überquert haben. Es war eine große Attraktion, welche weder in Polen noch zu Hause nicht unbemerkt geblieben ist. Vor langer Zeit, noch als Schuljunge habe ich Richard Haliburton und sein Buch „Zu neuen Welten“ bewundert. Dort schildert der Autor in einem seiner extremen Geschichten fesselnd, wie er den ganzen Panamakanal mit seinen sechs Schleusen durchgeschwommen ist. Die Idee mit den Schleusen hat mir gut gefallen und so habe ich Liska davon überzeugt, dass es nicht schlecht wäre so etwas im kleineren Maßstab bei uns zu verwirklichen, und zwar auf der Strecke Slapy-Praha. Die Länge des ungewöhnlichen Marathons war 33 Kilometer, währen der ich auch die Staudämme Stechovice und Vrane durchschwimmen sollte. Das Personal sollte mich in den beiden Schleusen wie ein Schiff hoch hieven. Nach vielen Verhandlungen mit verschiedenen Ämtern bin ich am 17. August 1974 selbstbewusst ins Wasser eingetaucht und nach mehr als acht Stunden tatsächlich das Ziel in Praha-Branik erreicht. Die Schwierigkeit des Unterfangens war nicht nur die Entfernung, sondern vor allem das 11 bis 16 Grad kalte Wasser. Als ich am Ziel das Wasser verlassen habe wusste ich nicht ob ich Männlein oder Weiblein bin – so eisig kalt war es. Trotz alledem waren meine Gefühle als Sieger überwältigend – ich war doch der erste in der Tschechoslowakei und auch in Europa, dem so etwas gelungen war. Durch den ersten Erfolg inspiriert habe ich das Ganze ein Jahr später wiederholt, diesmal im Duett mit einem überzeugten Kommunisten Frantisek Venclovsky, dem ersten tschechoslowakischen Bezwinger des Ärmelkanals (1971). Diesmal haben wir die Strecke bis nach Prag-Mitte auf 40 Kilometer ausgedehnt. Damit haben wir zusätzlich eine Schleuse bei der Kinderinsel bekommen. Selbstverständlich haben wir beide das Ziel erreicht und nach 11 Stunden und 28 Minuten die Bretter einer bekannten Prager Badeanstalt erreicht. Und hier wurde eine meiner vielen Lebensgeschichten beendet. Über der Bürgerlichen Badeanstalt klang freudig die Glocke des inzwischen legendären Herrn Platil, auf dem Plateau haben uns beide unsere Freunde und Verwandte herzlich begrüßt – und wir haben uns herrlich gefühlt. Meine Freundschaft mit Frantisek war nur durch die sportlichen Aktivitäten bestimmt. Verbunden haben uns die extravaganten Interessen. Und weil wir grundsätzliche Differenzen in unseren politischen Ansichten hatten, redeten wir darüber nie. Diese gegenseitige Vorsicht basierte wahrscheinlich auf der Achtung vor dem anderen und auf der Ansicht dass jegliche Diskussion in dieser Richtung unsere sportliche Freundschaft zerstören würde. Man sagt, dass mit dem Essen der Appetit größer wird und bei mir war es auch nicht anders. Meine andauernde sportliche Aktivität hat mir für die Zeit der Normalisierung eine perfekte Blende gegeben – ich wurde von den stupiden Worten und Taten der Kommunisten isoliert, habe es nicht so intensiv wie die anderen wahrgenommen. Ich habe gelebt in meiner Welt der Rekorde. Nach dem zweiten Erfolg von Venclovsky auf dem Ärmelkanal habe ich mich entschieden den Kanal nonstop hin und zurück zu überqueren. Bei Erfolg wäre ich der vierte weltweit und der erste Festländer überhaupt. Zu diesem Zweck habe ich schriftlichen Kontakt mit dem amerikanischen Langstreckenschwimmer Jon Erikson aufgenommen, was sich später zu einer sportlichen Freundschaft entwickelt hat. (Jon hat 1981 als erster den Ärmelkanal dreimal nonstop überquert.) Ausgerüstet mit seinen Ratschlägen habe ich mich auf die größte und bedeutendste sportliche Leistung meines Lebens vorbereitet. Alles hat sich positiv entwickelt, ich hatte sogar einen „reichen Onkel“ als Sponsor gewonnen – die Außenhandelsgesellschaft Strojimport in Prag. Wie es aber der Teufel wollte (und vielleicht war der Neptun auch daran beteiligt), meine verwegenen Pläne sind wegen einer plötzlichen Erkrankung wie ein Kartenhäuschen zusammen gefallen. Ein ärztliches Konsortium in Krc hat über mich ein hartes und nicht verhandelbares Urteil gefällt: Ende mit der Planscherei im Wasser! Sie haben beginnende Arthrose in beiden Schultern und in beiden Knien! Und schon war alles vorbei, meine Pläne wurden restlos zunichte gemacht. Ich habe zwar versucht meine Erfahrungen als ehrenamtlicher Funktionär zu verwerten, aber es hat mich nicht befriedigt. Und plötzlich habe ich wieder die miserable, sich immer verschlechternde politische Lage im Land intensiv miterlebt, da meine Isolierblende des Sports abgefallen war. Und ich konnte mich nicht dagegen wehren. Darüber hinaus lebte ich in einer polnisch-tschechischen Mischehe, in der ich die Ereignisse in Polen stärker wahrgenommen habe. Dort hat die gewerkschaftliche Bewegung Solidarität, welche den polnischen und auch den tschechischen Herrschern Dorn im Auge war, an Bedeutung zugenommen. Und wir wurden bei jedem Grenzübertritt schikaniert. Es war eine interessante Zeit. Man musste nicht einmal etwas gegen diese Regime haben, es reichte, dass einer der Eheleute polnischer Nationalität war. In dieser Zeit habe schon seit 15 Jahren als Beamter auf dem Bezirksrathaus Prag 6 gearbeitet. Meine strebsamen Vorgesetzten haben auf mich sanften „elterlichen“ Druck ausgeübt, um mich zur Anmeldung als Kandidat für die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zu bewegen. Und ich, nicht weise und nicht belehrt geworden habe es ständig abgelehnt. Und aus ihren weisen und aufgeklärten Köpfen kamen ständig irgendwelche Empfehlungen was ich tun sollte und was auf mich wartet, falls ich meinen Standpunkt nicht ändern sollte. Und später, nachdem ich angefangen habe die Legislative der Regierung wegen Gesetzesbrüche zu kritisieren, wurde es zur Hölle. Es folgte geheimes Abhören meiner Telefonate, meine Post wurde kontrolliert und das Leben wurde für mich und für die Familie immer unerträglicher. Man schreibt das Jahr 1977. Unser selbstbewusster Ornithologe Karel Gott, Besitzer von vielen geschützten Vögeln („Goldenen Nachtigallen“) erhält mit seiner unübertroffenen Stimme den Tschechen und Slowaken mindestens die Reste ihres Selbstbewusstseins. Das meiste davon haben sie während des Normalisierungsprozesses verloren. Endlich entsteht Charta 77 – die Hoffnung des tschechoslowakischen Volkes. Ich halte mich mit der Familie im Hintergrund und fange an das zweite Mal in meinem Leben über Emigration aus dem versprochenen Paradies ernsthaft nachzudenken. Seit unserer Entscheidung auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu wechseln bis zur Realisierung des Vorhabens die Republik illegal zu verlassen sind zwei Jahre vergangen. Wie meistens in meinem Leben habe ich auch hier ein außergewöhnliches Glück gehabt. Dank der herrschenden Korruption ist es mir gelungen über Bekannte von der Bank eine Devisenzusage zu erhalten. Diese war die Voraussetzung für den Antrag auf Erteilung einer Ausreisegenehmigung nach Jugoslawien und in die westliche Welt. Und hier war wieder unsere Glücksfee tätig: Die Aufmerksamkeit von Stasi und des Straßenkomitees hat nachgelassen und auch unsere Blockwartin hatte keine Ahnung. Meine Frau Ela musste als polnische Staatsangehörige den Ausreiseantrag getrennt bei der Ausländerabteilung und ich mit meinen Jungs bei der Visaabteilung für tschechische Bürger stellen. Niemand hat nichts überprüft, keine Fragen wurden gestellt und so ist es uns allen gelungen zu einem einwöchigen Urlaub nach Westdeutschland legal auszureisen. Es war der 4. Oktober 1980, ein schöner Herbsttag und an der Grenze leuchtete ein großer roter Stern aus unschuldigen roten Blüten. In und unter den Waggons schnüffelten und bellten aggressiv trainierte deutsche Schäferhunde der tschechischen Grenztruppen. Eine Stunde später war es vorbei. Der Zug fuhr an, wir sind an einem hohen Stacheldrahtzaun vorbei ins Niemandsland, mit dem Bewusstsein ein Konzentrationslager des orwellschen Reiches zu verlassen, gefahren. Innerlich haben wir noch einen ohrenbetäubenden Schlag vernommen – hinter uns fiel der eiserne Vorhang und wir waren in der freien Welt. Ela und ich standen am Fenster im Zug und weinten von Glück darüber, dass es uns doch gelungen ist das zu erreichen, an dessen Gelingen wir nicht hoffen wollten. Gleich nach der Grenze haben wir freundliche Gesichter der „feindlichen Deutschen“ gesehen und erst dann berichteten wir unseren Jungs, dass wir keine Absicht haben zurück zu gehen. Beide haben diese Nachricht erstaunlich ruhig aufgenommen. Für sie war doch am wichtigsten, dass Mutter und Vater bei ihnen waren. Unsere Zielstation in Deutschland war Krefeld - in dieser Zeit die Stadt der Friedensinitiative - 40 km vor der Grenze nach Holland. Am Bahnhof haben auf uns schon unsere Freunde aus Warschau gewartet, die hier schon seit einiger Zeit als Aussiedler gewohnt haben. Sie sollten uns am Anfang behilflich sein. Ein wenig später kam aber die Hilfe von ganz anderer Seite. In den schwierigsten Zeiten haben wir die Hilfe eines Sudetendeutschen bekommen, des Herrn Teichmann. Er und seine Frau haben sich um uns so intensiv gekümmert, als wären wir die eigene Familie. Ich konnte es mir nicht verkneifen ihn zu fragen: „Warum machen Sie das Ganze? Sie müssen doch als Unrecht empfinden, was mit Ihnen und ihrer Familie nach dem Krieg geschehen ist.“ Mit einem Lächeln, frei von Zorn oder Bitterkeit antwortete er ehrlich: „ Warum sollte ich mich benachteiligt fühlen? Ich kann den Tschechen nur danken, dass ich dort nicht bleiben konnte.“ Später habe ich erfahren, dass Herr Teichmann auch vielen anderen Tschechen geholfen hat, die vor den Kommunisten geflüchtet sind, und dass er sogar Mitglied einer Organisation war, die sich um Flüchtlinge gekümmert hat. ************** Die Auflösung unseres Nestes in Prag war schon vor Wochen vor unserer Abreise durchdacht. Wir haben alles dafür getan, damit dort nach unserer Flucht nur nackte Wände bleiben. Drei Tage nach unserer Ankunft in Deutschland - noch voll der Begeisterung über unser neues Heim - habe ich in Prag meinen Freund Josef Cizek, dem Schwiegervater des bekannten Torwarts Ivo Viktor angerufen. Wir waren wie in einem Spionagefilm verabredet. Wenn ich während des Telefongesprächs die Lösung „Morgen fahren wir nach Holland“ sage, es bedeutet, dass wir definitiv nicht zurückkommen wollen. Dabei ist eine komische Situation entstanden: der Freund, der mich sehr schlecht verstehen konnte hat mich mehrmals nervös gefragt: „Dann sag mir doch endlich, fahrt ihr nach Holland oder nicht?“ Und dann rannte er sofort zum Postamt nach Dejvice, um meinem Neffen Jara nach Mezimesti einen „chiffriertes“ Telegramm zu senden: „Vaclav kann nicht kommen.“ Der Neffe hat für diesen Augenblich schon einen großen LKW vorbereitet. Er ist sofort nach Prag gefahren. Mit Hilfe meiner Eltern hat er innerhalb einiger Stunden die Wohnung so gesäubert, dass dort nicht einmal eine Nadel übrig blieb. Der sonst sehr aufmerksamen Blockwartin Bozenka - die neben uns gewohnt hat - ist zu ihrer Verwunderung unsere Abreise entgangen. Sie hat sich gewundert wieso ziehen wir so schnell um und wieso sind wir beim Umzug nicht anwesend. Sie wollte schon als gute Bürgerin die Polizei anrufen, aber mein Neffe war darauf vorbereitet. Er nahm sie zur Seite und hat ihr erklärt, dass wir für sie schon einmal etwas getan haben, was die Polizei bestimmt interessieren würde. Man konnte die Wirkung dieser Anmerkung auf sie sofort sehen und so ist alles nach Plan verlaufen. Der Anfang in unserer neuen Heimat war – wie bei den meisten Asylsuchenden – gar nicht leicht. Das erste Jahr verlief in nervöser Erwartung unserer Anerkennung als politische Flüchtlinge, ohne Sprachkenntnisse und ohne Arbeitsgenehmigung. Nach einem Jahr bekamen ich und meine zwei Söhne die lange erwartete Anerkennung. Der Antrag meiner Frau wurde abgelehnt, weil sie als polnische Staatsangehörige nicht direkt aus Polen geflüchtet ist. Und damit wurde sie auf den Abstellgleis abgeschoben. Sie hatte keinen Anspruch auf Arbeit und auch nicht auf einen Meter Wohnraum. Sie hat sich nicht wie ein Mensch gefühlt und musste die Situation durch eine Klage gegen das Arbeitsamt beim Gericht regeln. Nach einem Jahr - voll mit Gerichtsterminen - hat sie Dank eigener Verteidigung gewonnen. Ich werde es nie vergessen welche traumatischen Erfahrungen meine Söhne im ersten Jahr unseres Aufenthalts in Deutschland erleben mussten - weg von der Heimat, beeinflusst durch die kommunistische Propaganda in der tschechischen Schule. Der siebenjährige Michael und dreizehnjährige Thomas hat es in Deutschland nicht gewagt auf einen Spielplatz zu gehen, um mit anderen Kindern zu spielen. Ständig haben sie erwartet, dass sie von den anderen angegriffen werden. Etwa ein Jahr nach unserer Flucht wurden meine Eltern zum Verhör bei der Polizei in die Bartolomejska Straße zitiert. In dieser Zeit fing das Eis des Kommunistischen Terrors langsam an zu tauen. Im Aufzug fuhr mit meinen Eltern der zuständige Ermittlungsbeamte. Wie er die zwei verstörten alten Menschen sah, hat er angefangen sie zu trösten: „Machen Sie sich nichts daraus, dass sie dort geblieben sind! Sie haben gut getan.“ Und auch das offizielle Verhör wurde dann in diesem Ton geführt. Am Anfang wollten wir überhaupt nicht in Deutschland bleiben. Unsere Pläne hatten vielmehr Kanada oder Australien als Ziel. Doch nach einigen Monaten haben wir unsere Entscheidung geändert – unter anderem auch deswegen, weil wir es als undankbar gesehen haben, nach all dem Guten was die Deutschen für uns getan haben, das Land zu verlassen. Es hat aber ganze drei Jahre gedauert, bis es uns gelungen ist in Köln am Rhein Arbeit zu bekommen. Bei der künstlerisch orientierten Firma Achatit Schirmer haben wir nach einer dreimonatigen Probezeit sogar eine Dienstwohnung bekommen. Ich musste dort am Anfang alles machen, nach dem Motto „bring, hol, halte, fege“. Ich habe im Lager gearbeitet, fuhr mit dem Lastwagen, pflegte mit meiner Frau den Garten und machte vieles mehr. Später wurde ich durch den Eigentümer, Herrn Schirmer in die Abteilung zum gießen der Formen für die Serienfertigung der Skulpturen versetzt. Dort wurde ich zum Modellierer und habe angefangen aus Ton Skulpturen zu formen, wovon einige in die Serienfertigung gegangen sind. Mit meiner Arbeit war ich sehr zufrieden, sie ist für mich auch zum Hobby geworden. Und was kann dem Menschen besseres passieren als die Arbeit zu verrichten, die ihm auch Spaß macht. In der Freizeit habe ich mich meinen früheren Passionen – Landschaftsmalerei und Formherstellung für Gießen von Statuen in Bronze – gewidmet. Im Jahr 1993 hatte ich schon soviel Selbstvertrauen, dass ich einige meiner Statuen in Bronze zum internationalen Wettbewerb in Couillet/Belgien angemeldet habe. Ich konnte es nicht glauben, dass eine meiner Arbeiten, genannt „Der Lebensbaum“ den ersten Preis der französischen Ministerin der Kultur Laurette Onkelix gewonnen hat. So etwas habe ich wirklich nicht erwartet. Meine Frau Ela hat unsere beiden Söhne das ganze Leben im Geiste der Solidarität und Bereitschaft zur Hilfe für Bedürftige erzogen. Das hat sich auch in ihrer Berufswahl ausgewirkt. Der ältere Thomas hat die Schule für Pfleger in Köln absolviert und gründete mit seinem Kollegen in Recklinghausen die Pflegefirma Med Mobil. Sie ist eine der größten Firmen ihrer Art in dieser Stadt. Der jüngere Michael hat sich schon als Kind den Beruf eines Feuerwehrmannes ausgesucht und ist dabei geblieben. Möglicherweise hat bei der Entscheidung ein großer Brand in unserer Firma beeinflusst, welches wir direkt miterlebt haben. Heute dient Michael bei der Berufsfeuerwehr Köln-Porz und gehört zu den besten. ************************ Während Jirina Svorcova und Grebenicek ihren verkrüppelten Prinzipien treu geblieben sind, haben andere, hunderte, vielleicht tausende ihrer Genossen ihre Sakkos umgedreht, um in der Masse zu verschwinden und für sich das Maximum an Vorteilen herauszuschlagen. Gottwald, Fucikova, Kopecky und andere treue Genossen sind – endgültig zum letzten Mal – in der gemeinsamen Krypta auf Olsany zusammen gekommen. Die „Samtene Revolution“, voll mit guten Vorsätzen und schönen Worten, ist vorbei. Drei Jahre nachdem das Klingeln der Schlüssel abgeklungen ist fuhr ich nach Prag. Und schon damals konnte man sehen, dass die Euphorie der Revolution verebbt ist. Beim Bummeln durch die uralte Stadt bin ich traurig geworden. Auf jedem Schritt konnte ich die passive Resistenz meiner ehemaligen Mitbürger beobachten, aber auch Gehässigkeit, Unwilligkeit, Missgunst und Respektlosigkeit den anderen gegenüber. Besitz, gesellschaftliche Stellung, Erfolg zu jedem Preis – das ist zum Maßstab der Lebenswerte in meiner Heimat geworden, die nach Jahrzehnten der Totalität angefangen hat Demokratie zu lernen. Der erste Besuch genauso wie die weiteren haben bei mir unangenehme Gefühle hinterlassen, die durch die große Enttäuschung hervorgerufen wurden. Auch das hat dazu beigetragen, dass ich angefangen haben meine sportliche Erinnerungen aufzuschreiben, und dass ich eine Gedenktafel als Huldigung für meinen Sportsfreund Oldrich Liska kreiert habe. Das Buch „Allein im Sog der Schleusen“ erschien im Verlag Baroko Fox im Jahr 1997. Im gleichen Jahr wurde die von mir gefertigte Gedenktafel in der Zitomirska Straße 33 in Prag enthüllt, in der der Nestor der Eisschwimmer die meiste Zeit seines Lebens verbracht hat. Gottesmühlen mahlen ganz langsam und so passieren Dinge, über die klar denkende Menschen nur staunen können. Zwei gleiche Politiker sind brüderlich zusammen gekommen und schütteln ihre Hände, um zwei Nationen zu trennen. Und die meisten denkenden Bürger dieser zwei Nationen, die bei dieser Entscheidung entmündigt wurden, weinen. Premier Vaclav Klaus versteht sich viel zu gut mit seinem slowakischen Kollegen Meciar. Beide schneiden Komplimente und reden nur das Beste über den anderen. Vaclav Klaus verurteilt den Eingriff von NATO im ehemaligen Jugoslawien, bezeichnet es als Aggression und weiß dabei nicht, wie das Problem gelöst werden kann. Dann setzt der gleich Politiker seinem Tun die Krone auf, mit dem „Nichteingriffspakt“ mit seinem politischen Rivalen Milos Zeman, den er noch vor einigen Tagen nur beleidigt und beschimpft hat. Die Tschechen hören langsam auf das Ganze zu verstehen und ich auch. Es entsteht die Periode schlechter Laune. Es ist traurig, dass ich am Ende meiner Erinnerungen feststellen muss, dass ich vor vielen Jahren die richtige Entscheidung getroffen habe: Raus aus diesem kleinen Land, um meinen Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Man lebt sehr schwer in einem Land, welches sich selbst nicht regieren kann und wo auch diejenigen Gesetze brechen, die den anderen als Vorbild dienen sollten. Ich bin sehr glücklich in dem Land zu leben, wo die Gesetze von den meisten Menschen befolgt werden und wo Politiker im Falle von Misserfolg oder Verfehlung ihren Posten ohne Probleme räumen, wo sich die Menschen gegenseitig schätzen und zueinander höflich sind. Ich habe in meinem Leben weder eine erfolgreiche Firma gegründet noch bin ich eine bedeutende Persönlichkeit geworden wie viele der Tschechen die in die Welt gegangen sind. Das ist aber zur Erfüllung des persönlichen Glücks nicht wichtig. Wesentlich mehr Wert hat für mich die Freundschaft mit Menschen auf die ich mich verlassen kann – und sie auch auf mich. Dank meiner Emigration habe ich sehr viele interessante und bescheidene Menschen kennengelernt. Durch diese Treffen sind mit der Zeit feste Freundschaften entstanden, manche davon dauern schon viele Jahre. Stellvertretend für alle, die ich schätze und die ich als meine Freunde betrachte möchte ich die Schriftstellerin Blanka Kubesova und ihren Mann Arnost, die in der Schweiz leben sowie die ehemalige Sprecherin der tschechischen Sendung in Sydney Frau Janicka Reichova und ihren Mann Zdenek. Selbstverständlich habe ich auch in Tschechien viele gute Freunde. Sie sind meistens in den Kreisen der Künstler zu finden. Ihr großer Vorteil ist meistens deren Desinteresse an der konsumbetonten Lebensweise, welche heute in meiner ehemaligen Heimat stark überwiegt. Hier möchte ich meinen Jugendfreund, den akademischen Maler Bohous Peroutka nennen, dessen Freundschaft ich schon seit Jahrzehnten genieße. Gegenseitige Hilfe war uns nie fremd. In der Gesamtbilanz meines bisherigen Lebens kann ich mit ruhigen Gewissen schreiben, dass ich kein Haus gebaut habe (es war nie mein Ziel), aber dass wir mit meiner Frau nicht nur einen, sondern zwei Söhne erzogen haben, die uns beide viel Freude machen. Die anderen haben vielleicht ein Haus gebaut, aber „Dank“ dessen kamen sie um ihre Kinder. In meinem Leben habe ich schon einige Bäume gepflanzt und noch das erwähnte Buch und dieses Curriculum vitae geschrieben. |
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Tento článek byl v Pozitivních novinách poprvé publikován 12. 01. 2009.
Václav Richard Židek
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